08.09.25 –
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen & Herren,
Sie werden mir sicherlich zustimmen: Uns als Gemeindevertreterinnen und -vertreter freut es, wenn sich Menschen für das interessieren, was wir hier diskutieren und entscheiden. Denn: Demokratie lebt davon, dass die Menschen verstehen was wir hier als ihre Vertreterinnen und Vertreter tun.
Und genau dieses Verständnis wird - das merken wir - zunehmend schwieriger. Die Kluft zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Kommunalpolitik wächst. Es wird viel spekuliert, gemutmaßt, unterstellt – in sozialen Netzwerken, aber auch ganz analog im Gespräch im Alltag. Oft fehlt die Grundlage, um überhaupt bewerten zu können, wie und warum bestimmte Entscheidungen gefallen sind.
Wichtig ist mir: Das ist kein Vorwurf an die Bürgerinnen und Bürger – sondern eine strukturelle Lücke. Und wir sollten alles tun, um diese Lücke zu verkleinern.
Natürlich gibt es immer wieder Zuschauerinnen und Zuschauer, die den Weg in die Sitzungen finden – und das freut uns jedes Mal. Besonders viele kommen, wenn es um den Haushalt geht oder wenn Themen vorher schon emotional diskutiert wurden. Das zeigt: das Interesse ist da.
Aber wir wissen auch: Für Viele ist es schlichtweg nicht möglich, persönlich zu kommen, weil ihr Alltag es nicht erlaubt. Kinder müssen ins Bett gebracht oder Angehörige gepflegt werden, es gibt Schichtarbeit, Dienstreisen oder gesundheitliche Einschränkungen.
So bleiben viele Debatten und Entscheidungen für einen Großteil der Menschen unsichtbar. Wer sie nicht mitverfolgt hat, tut sich später schwer, Entscheidungen einzuordnen oder nachzuvollziehen.
Wir sind aber überzeugt: Alle Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit haben, zu verstehen, was hier geschieht und warum. Und wir haben heute die technischen Mittel, diese Teilhabe auf einfache Weise zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick zurück auf die Antrag der SPD-Fraktion vor der Sommerpause zur Weiterentwicklung der Kommunikationswege. Auch er zielte auf Transparenz und Teilhabe ab und war ein wichtiger Impuls. Er hat dazu geführt, dass wir vergangene Woche im Ausschuss einen umfassenden Einblick bekommen haben, wie die Verwaltung informiert und Beteiligung ermöglicht.
An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an Frau Mittmeyer-Riehl für ihre informative und engagiert vorgetragene Präsentation – und natürlich auch an alle Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung. Man hat gespürt, mit wie viel Engagement und Freude Sie alle an dieser Aufgabe arbeiten. Das ist nicht selbstverständlich – und umso schöner, wenn man das so unmittelbar miterleben darf.
Hier setzt nun unser Antrag an. Wir schlagen vor, die Sitzungen der Gemeindevertretung künftig zusätzlich live zu übertragen – digital, barrierearm und bürgernah. Als sinnvolle Ergänzung – live oder zeitversetzt abrufbar.
Denn eines muss uns allen klar sein: Eine transparente Sicht auf unsere demokratischen Prozesse ist heutzutage so wichtig wie vielleicht noch nie. Wir kennen alle die Dynamik: Aussagen aus Sitzungen werden aus dem Zusammenhang gerissen oder falsch wiedergegeben – in Social Media, in Diskussionen oder im Flurfunk. Ein Live-Stream schafft also Klarheit. Er lässt uns hören, was gesagt wurde und von wem. Ohne Gerüchte, ohne Umwege.
Rechtlich ist das längst möglich: Die Hessische Gemeindeordnung erlaubt genau das, was wir vorschlagen – und andere Kommunen wie beispielsweise Dieburg machen es längst vor. Natürlich müssen wir auch über die Kosten sprechen. Wir rechnen mit rund 14.000 Euro jährlich – für 7 Sitzungen der Gemeindevertretung. Ja, das ist Geld. Und ja, der Haushalt ist angespannt.
Und ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion – ich hatte Sie beim Schreiben der Rede schon im Ohr. Ich weiß, mindestens ein Seitenhieb auf das Jobticket wird gleich kommen. Aber ich würde mir wünschen, dass wir hier heute konstruktiv diskutieren, denn wir sprechen von einer Investition in demokratische Teilhabe.
Wir sind überzeugt: Der Mehrwert überwiegt. Wir laden Sie ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen: Für mehr Teilhabe. Für mehr Transparenz. Und für eine Politik, die man nicht nur wählen, sondern auch erleben kann.
Vielen Dank
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